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Usbekischer Regisseur: Weltpremiere bei der Berlinale

72. Berlinale - Internationales Filmfestival in Berlin 2022; Foto: Volker Neef
Die 72. Berlinale fand vom 10. bis zum 20. Februar statt.

Bei diesem Internationalen Filmfestival in Berlin war eine der zahlreichen Weltpremieren der Spielfilm „Produkty 24“ (englischer Titel: Convenience Store) des 1987 geborenen usbekischen Regisseurs Michael Borodin. Der 106 Minuten lange Film lief in der Sektion Panorama. Die zu hörenden Sprachen sind usbekisch und russisch. 


Der Spielfilm beruht auf wahren Begebenheiten. Im Drehbuch hat man die Namen der Beteiligten und die Namen der Firmen verändert. In dem Debütfilm von Michael Borodin wirken u. a. Zukhara Sanzysbay, Lyudmila Vasilyeva, Tolibzhon Suleimanov und Nargiz Abdullaeva mit.
 

Der Spielfilm „Produkty 24“ - von Michael Borodin

Zukhara Sanzysbay; Foto: LLC METRAFILMS

Der Regisseur zeigt uns am Anfang seines Werkes einen Supermarkt irgendwo im Großraum Moskau. Arbeiter aus Usbekistan sind hier als Verkäufer und Putzfrau tätig. Alle Usbeken sind in Moskau in diesem Supermarkt, den sie intern „Herz der Finsternis" titulieren, illegal beschäftigt. Von Anfang an werden sie nach Strich und Faden belogen, gedemütigt und gequält. Oft setzt es sogar reichlich Hiebe. Wer nicht kuscht, dem droht die resolute Ladeninhaberin Zhanna (Lyudmilla Vasilyeva) mit der Polizei. Als illegale Arbeitskraft haben die Usbeken keinerlei Rechte.

In Usbekistan gingen sogenannte Fänger auf Suche nach neuen Mitarbeitern für die russische Industrie und den Handel sowie den Servicebereich im Gastgewerbe. Großspurig gemachte Lohnzusagen in Usbekistan entpuppen sich dann in Moskau als Lüge. So teilt die Ladenbesitzerin jedem Neuankömmling aus Taschkent und Buchara sowie Samarkand mit: „Das dir in Usbekistan zugesagte Monatsgehalt gibt es erst nach der Probezeit!" Wann die Probezeit endet, entscheidet Zhanna.

Die brutale Chefin beschlagnahmt die Pässe der usbekischen Mitarbeiter, lässt sie Tag und Nacht schuften und verlangt astronomische Summen für Übernachtung in einem Kellerloch des Supermarktes und das Essen, dass in Wahrheit nur aus Suppen und abgelaufenen Produkten des Supermarktes besteht. Die russischen Angestellten speisen edler am gemeinsamen Tisch! Wer nicht spurt, wird auf Geheiß der Ladeninhaberin von russischen Vorarbeiten zusammengeschlagen. Die Vorarbeiter vertreten auch die Meinung: „Die Weiber aus Usbekistan müssen uns unterhalten". Gegen ihren Willen müssen die aus einem muslimischen Land stammenden Frauen abends am Tisch Vodka trinken und Schweinefleisch essen. Wer sich wehrt, dem wird mit Gewalt der Mund geöffnet und man schüttet Vodka und Schweinefleischstücke hinein. Ist die Chefin selber mit Vodka abgefüllt, kommt sie in Stimmung. Sie schaut mit großer Begeisterung zu, wie ein Vorarbeiter „Liebe mit einer Usbekin macht". Mukhabbat (Zukhara Sanzysbay) wird wie ihre usbekischen Kollegen und Kolleginnen sklavenähnlich behandelt am Arbeitsplatz. Niemand hat das Recht, den Supermarkt zu verlassen. Freie Tage gibt es sowieso nicht. Für Mukhabbat spitzt sich Lage obendrein noch zu. Die frisch in Moskau angekommene Verkäuferin stellt fest, dass sie schwanger ist. 

 Zukhara Sanzysbay; Foto: LLC METRAFILMS

Die Chefin ist kinderlos, sie hat die grausame Idee entwickelt, das Kind „ihrer Sklavin wegzunehmen und als mein Kind auszugeben". Mukhabbat befürchtet, dass Zhanna das Gesagte ernst meint und unternimmt einen Fluchtversuch. Der scheitert aber schon bald, da sie weder Papiere noch Geld bei sich hatte. Die Moskauer Polizei bringt sie zu Zhanna zurück. Die korrupten Polizisten bekommen einen „schönen Finderlohn" von der Ladeninhaberin. Man beschenkt und besticht die Ordnungshüter mit Geld, Schnaps und Zigaretten. Alles läuft wie geschmiert im Laden, weil Zhanna den Amtsapparat gut schmiert! Nach oben buckelt sie, nach unten tritt sie, und das sehr brutal. Den Fluchtversuch bezahlt die schwangere Usbekin mit einer sehr schmerzhaften Körperverletzung. Zhanna bestimmt dabei, was die russischen Vorarbeiter ganz genau mit ihrem Opfer tun sollen. Alle usbekischen Arbeitskräfte müssen sich „die Bestrafung ansehen. Dann kommt ihr erst gar nicht auf dumme Gedanken", brüllt die Ladenbesitzerin.
Das Schicksal meint es nicht gut mit Mukhabbat. Als sie als Baumwollpflückerin tätig war in Usbekistan, kümmerte sich der Vorarbeiter (Daniyar Artykbaev) liebevoll um sie. Das tat er aber nicht grundlos. Er wollte Mukhabbat gerne zu seiner Mätresse machen, was sie aber abgelehnt hatte. 

Regisseur Michael Borodin; Copyright: Michael Borodin

Der Film von Michael Borodin zeigt die neorussische Arbeits- und Lebensrealität im Umfeld moderner Sklaverei. Russland ist eines der Länder mit modernen Sklaven. Sie stammen neben Usbekistan aus Kasachstan, Tadschikistan, Turkmenistan, China, Vietnam. Nordkorea leiht offiziell Arbeitskräfte an Russland aus. Der Gastarbeiter von heute sozusagen, so wie in den 60er Jahren Gastarbeiter aus der Türkei, Jugoslawien, Marokko, Griechenland und Italien nach Westdeutschland gekommen waren.

2016 verklagten vier Frauen aus Kasachstan und Usbekistan die Russische Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Moskau unternehme zu wenig bzw. rein gar nichts, um die Missachtung der Menschenrechte der ausländischen Vertragsarbeiter zu unterbinden. Der Gerichtshof forderte daraufhin von Russland die Beantwortung eines Fragenkatalogs. Bis heute steht die Antwort aus.

Regisseur Michael Borodin und seinem Team ist es gelungen, im Rahmen der Weltpremiere auf der Berlinale der gesamten Welt eindringlich vor Augen zu führen: Sklaverei ist kein geschichtliches Phänomen gewesen! Sklaverei ist lebendig und das nicht nur in Russland. Usbekistan-Online wird berichten, wann der Spielfilm in den deutschen Kinos zu sehen sein wird. Aufgrund der pandemischen Lage sind exakte Terminauskünfte für einen Kinostart momentan noch nicht zu erhalten.

Text: Volker Neef; Titelbild: V. Neef

Empfohlene LINKS:

72. Berlinale - Programm USBEKISTAN
RTDE - Russischer Film über moderne Sklaverei und Migration bei Berlinale 2022

YOUTUBE: Highlights of the Opening Days | Berlinale 2022 

YOUTUBE: Eröffnung der 72. Berlinale 2022

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