Ein Land im Umbruch da, wo der Umbruch gerade am drastischsten vonstatten ging, festgehalten in Wort und Bild. Genauer: Reportagen aus den zentralasiatischen nachmaligen Sowjetrepubliken Tadschikistan und Usbekistan 1931/32, festgehalten in meist erstmals veröffentlichten Fotografien von Lotte Jacobi und dazu passenden Reportagen von Egon Erwin Kisch; bei letzteren handelt es sich um Auszüge aus "Asien gründlich verändert" (enthalten in "Zaren, Popen, Bolschewiken").

Eine Welt, jahrhundertelang immun gegen die Geschichte -- und nun bricht die Moderne hinein. "Alexander der Große ist gescheitert, Dschingis Khan ist gescheitert, aber der eisenbahnifizierte Fortschritt wird's schon richten" -- dieser Gedanke schimmert unausgesprochen vor allem durch Kischs Reportagen hindurch.

Eine Generation zuvor noch Khanate mit allem Zubehör (manches, etwa die Lage der Frauen in Taschkent, könnte man mit höchstens geringfügigen Änderungen in eine heutige Kabul-Reportage übernehmen): Analphabetentum gehörte fast zum guten Ton; gepflügt wurde, sofern überhaupt gepflügt wurde, mit Holzpflug. Und jetzt Traktoristenbrigaden, Alphabetisierungskampagnen, allgegenwärtige Leninbilder... ein Bruch sonder gleichen. Skurrile Auswüchse im Preis inbegriffen: "Der abgeschaffte Teufel hole euch Europäer!"

Unbeschreibliche Zustände und überfällige Modernisierung einerseits -- andererseits bereits diesseits des Horizonts Stalins langer Arm.