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Fotografien von Sergej Prokudin-Gorskijs – Historische Aufnahmen aus Zentralasien um 1910

Buchara - Alim Khan, der letzte Emir von Buchara; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij
Viele Kulturstätten in Usbekistan überstanden die Jahrhunderte im Märchenschlaf, waren jedoch vom Zahn der Zeit vom Zerfall bedroht. Insbesondere mit der Unabhängigkeit Usbekistan erinnerte man sich der für die Weltgemeinschaft bedeutenden kulturellen Wurzeln wieder, viele Bauwerke wurden restauriert und zu neuem Leben erweckt. Heute erstrahlen die historisch bedeutsamen Bauwerke im neuen Glanz und vermitteln einen Charme aus der Blütezeit vergangener Jahrhunderte.


Der russische Farbfotografie-Pionier Sergej Prokudin-Gorskij besuchte auf seinen dokumentarischen Fotoreisen durch das Zarenreich auch die damalige Provinz Turkestan. Wie das Leben und die Architektur in Samarkand und Buchara vor über 100 Jahren war, zeigen die historischen Aufnahmen des berühmten Fotografen.

Sergej Prokudin-Gorskij, 1863 als Spross russischer Landadliger geboren, zählt zu den bedeutendsten Pionieren der Farbfotografie. Berühmtheit erlangte er vor allem durch seine dokumentarischen Bilder, die das Leben im Russischen Reich am Anfang des 20. Jahrhunderts porträtieren.

Ein besonderes Verfahren
Prokudin-Gorskij, der sich bereits als junger Erwachsener für das neue Medium der Fotografie interessierte, eröffnete 1901 sein eigenes Fotostudio in der damaligen russischen Hauptstadt St. Petersburg. Insbesondere die Farbfotografie weckte sein Interesse und so reiste er im Jahr darauf nach Berlin, um Adolf Miethe, einen der führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der Farbfotografie, zu treffen.

Das Dreifarben-Separationsverfahren, bei dem in kurzer Zeit hintereinander drei Fotografien jeweils mit einem roten, blauen und grünen Farbfilter erstellt und dann übereinandergelegt werden, geht auf die Erkenntnisse des schottischen Physikers James Maxwell zurück. Miethe entwickelte diese Technik weiter und stellte auch 1903 die Wechselschlittenkamera vor, mit der Prokudin-Gorskij später seine Aufnahmen machen und so dieses Verfahren zu einem Höhepunkt führen sollte.

Im Dienst der Dokumentation
Während seine erste Fotoreise noch ins Petersburger Umland führte, ermunterte der Erfolg von anschließenden Diavorträgen Prokudin-Gorskij dazu, immer weitere Reisen zu unternehmen. So fuhr er im Winter 1906/07 erstmals in die damalige Provinz Turkestan, wo er als Mitglied einer Expedition der Kaiserlich-Russischen Geografischen Gesellschaft die Sonnenfinsternis fotografieren sollte. Dieses Vorhaben scheiterte an den Wetterbedingungen. Stattdessen erstellte Prokudin-Gorskij Fotografien der berühmtesten Baudenkmäler von Samarkand und Buchara. Ein heftiges Erdbeben im Oktober 1907 zerstörte einige dieser Bauwerke, was den Fotografen vermutlich darin bestärkte, seine Arbeit in den Dienst der Dokumentation zu stellen.

Nachdem Prokudin-Gorskij und seine Arbeit in den höheren Gesellschaftskreisen des Zarenreiches Bekanntheit erlangt hatten, kam es im Mai 1909 sogar zu einem Treffen mit Zar Nikolaus II. Prokudin-Gorskij konnte den Herrscher von seiner Idee überzeugen, das gesamte Reich mit Farbfotografien zu dokumentieren. Der Fotograf erhielt kurzerhand die erforderlichen Genehmigungen und die notwendige Finanzierung.

Eine zweite Reise nach Turkestan führte Prokudin-Gorskij 1910/11 in die Hungersteppe sowie erneut nach Samarkand und Buchara. Seinem dokumentarischen Ansatz zur Folge entstanden Fotografien unterschiedlicher Motive, die sowohl Gebäude als auch Straßenszenen enthielt. Darüber hinaus entstanden Porträts von einfachen Leuten, aber auch von höhergestellten Persönlichkeiten bis hin zu Alim Khan, dem letzten Emir von Buchara.

Eine einzigartige Sammlung
Nach der Oktoberrevolution verließ Prokudin-Gorskij Russland. Über Norwegen und England zog es ihn letztendlich nach Paris, wo er 1944 starb. Seine Fotokollektion konnte er mit ins Ausland nehmen. Vier Jahre nach seinem Tod verkauften seine Söhne diese an die Library of Congress, die bis heute im Besitz der Fotografien ist.

2004 beauftragte sie die Digitalisierung der 1902 Negative, sodass heute die Sammlung online öffentlich zugänglich ist. Von hier stammen auch die folgenden Aufnahmen, mit denen Prokudin-Gorskij bis heute einzigartige Einblicke in das Zentralasien um 1910 gewährt.

Samarkand - Shohizinda; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij
USBEKISTAN-GALERIE - Samarkand - Marakanda

Samarkand - Moschee in Shohizinda; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorski

Samarkand - Registan; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij
USBEKISTAN-GALERIE - REGISTAN

Samarkand - Polizist; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij

Samarkand - Obsthändler; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij

Samarkand - Junge; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij 

Samarkand - Brotverkäufer; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij

Samarkand - Frau im Tschador; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij

Samarkand - Schaschlik-Stand; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij

Samarkand - Händler am Registan; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij

Samarkand - Jüdische Kinder mit ihrem Lehrer; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij 

 Samarkand - Zimmermann; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij

Buchara - Ark; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij
USBEKISTAN-GALERIE - Buchara ARK

Buchara - Duan-Beggi Medrese (in Labikhauz); Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij
USBEKISTAN-GALERIE - Labi HausNadir Divan Beg Chanaka

Buchara - Palast von Emir Shir-Budun in einem Landhaus; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij
USBEKISTAN-GALERIE • Sommerpalast

Buchara - Alim Khan, der letzte Emir von Buchara; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij

Buchara - Bucharischer Beamte; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij

Buchara - Innenminister Kush-Beggi; Foto: loc.gov, Prokudin-Gorskij 

Alle Bilder gehören der Library of Congress, ihre öffentliche Verbreitung unterliegt keinen Restriktionen. Der Artikel basiert auf Angaben aus Philipp Ewers Vorwort zum Buch „Russland um 1900. Fotografien von Sergej Prokudin-Gorskij, Bild und Heimat, Berlin 2016".

Quelle: Robin Roth, Redakteur für Novastan


Empfohlene LINKS:
USBEKISTAN-ONLINEMEDIATHEK | TURKESTAN

Literatur: Russland um 1900: Fotografien von Sergej Prokudin-Gorski
Herausgeber‏: ‎ Bild und Heimat Verlag; 1. Edition (19. September 2016)
Sprache: ‎ Deutsch
Gebundene Ausgabe: ‎ 160 Seiten
ISBN-13: ‎ 978-3959580489

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Traditionell im Einklang mit der Gegenwart – Handwerkskunst in der Tradition bucharischer Juden

Seidenstickerei Design Modelabel MarU - Markhamat Umarova

Am 19. Dezember 2022 fand in der jüdischen Gemeinde in Berlin eine Modenschau der bekannten usbekischen Designerin Markhamat Umarova statt. Als ständige Teilnehmerin an Modenshows in Zentralasien und der europäischen Union präsentierte sie eine Kollektion aus handgewebter Seide nach alten Traditionen der Handwerkskunst der Juden aus Buchara. Sie ist die Gründerin und Creative Direktor des Modelabels MarU.

Das Modelabel MarU symbolisiert die Verbindung von Jahrhunderten alten Traditionen sowie harmonischen Kombinationen zwischen moderner Zweckmäßigkeit und Exklusivität. Angesprochen werden sollen Frauen mit starken Persönlichkeiten, die ihre Würde und Vornehmheit unterstreichen sowie ihre Vorliebe für harmonische, aber gleichzeitig traditionstreue Tracht, pflegen. Das Modelabel MarU erhielt 2015 ein UNESCO – Qualitätszertifikat. In Margilan, dem heutigen Zentrum der Seidenweberei, existierte die jüdische Gemeinde mehrere Jahrhunderte lang.

Um Seide überhaupt herzustellen, müssen die Seidenraupen einen Kokon bauen. Dazu werden sie in Räumen mit angenehmer Temperatur von 25°C untergebracht und mit frischen Maulbeerbaumblättern gefüttert. Um die Produktion der Raupen zu steigern werden gleichzeitig duftende Kräuter aufgehängt und circa 25 Tage in völliger Dunkelheit zum Trocknen gebracht, da sonst der Seidenfaden an Festigkeit und Elastizität verliert. Was die typischen Merkmale für Seide sind. Der Kokon wird anschließend zu einem Faden gesponnen und die Seide wird von Hand gewebt: Adras, Kchan–Atlas, Yahudi-Atlas oder Bakhmal, ein Ikat aus dicken, flauschigen Seidensamt.

 Seidenproduktion Margilan; Foto: G. Birkl (USBEKISTAN-GALERIE)

Die Seidenarten entstehen durch unterschiedliche Techniken. Wird beispielsweise ein Baumwollfaden hinzugefügt, heißt der Stoff Adras, Ein strapazierfähiger Stoff mit einem schönen Glanz, mit Kettfäden aus Seide. Ist er gestreift wird er Bakasab genannt. Die historische Bezeichnung für hochwertige Seide ist Chan-Atlas und wurde von Khans aus Buchara getragen.

WIKIPEDIA: Alim Khan, der letzte Emir (Farbfotografie von Sergei Michailowitsch Prokudin-Gorski)

Seide mit vorgefertigten Mustern nennt man Ikat, ein buntes Meisterwerk, das besonderes Kunsthandwerk im Färben und Weben der Seide erfordert, ein wertvolles Kulturgut. In Usbekistan werden Ikatstoffe auch „Abr" genannt, was aus dem Persischen kommt und soviel wie „Wolke" bedeutet. „Abrbandi" meint dann die Technik des Abbinden, durch die das Ikatmuster dann entsteht. Das kompliziert zu gestaltende Design durch Abbinden und Färben wird meistens von speziellen Ikatmeistern übernommen.
Es gibt Ikatstoffe in verschiedenen Orten auf der ganzen Welt, vor allem aber in Malaysia/Indonesien, in Japan und in Zentralasien. Während in den meisten Ländern ein doppelter Ikat hergestellt wird, was bedeutet ein Ikat, bei dem sowohl der Kett- als auch der Schußfaden mit Abbinden eingefärbt wurde, wird in Usbekistan nur der Kettfaden abgebunden und gefärbt.

Diese Technologie hat sich seit Jahrtausenden nicht verändert. Bei der Ikat-Technologie werden die Fäden mit selbsthergestellten Farben aus Zwiebelschalen, Baumrinde, getrockneten Kräutern und Früchten, farbigem Ton oder zerkleinerten Mineralsteinen gefärbt. Diese Kombination macht die Seide sehr lebendig und farbig. Die komplizierten Muster entstehen durch mehrfaches Färben der Fäden, wobei jede Farbe eine Bedeutung hat. So steht die weiße Farbe für ein glückliches Leben, die gelbe Farbe steht symbolisch für die Ernte, die blaue Farbe steht für Reinheit und die grüne Farbe steht für Fruchtbarkeit. 

Muster - Seidenstoffe - Design Markhamat Umarova - Modelabel MarU

Die Heimat von Ikat und die Seide selbst ist das antike China. Es waren jedoch die Juden, die nach der Zerstörung Babylons vor mehr als zwei Jahrtausenden über die Seidenstraße die Seidenweberei und das Färben von Seidenstoffen nach Zentralasien gebracht haben. Wobei es hier teilweise unterschiedliche Quellenangaben gibt.

Seide war traditionell der Stoff für jüdische Kleidung. Die Kleidung der Buchara-Juden war aus Yahudi Atlas genäht. Seidenkaftane, Hüte und ein Seidenkleid musste selbst die ärmste bucharische Jüdin in der Garderobe haben.

Die Produktion der Seide bzw. der Ikatstoffe in der Zeit der ehemaligen Sowjetunion wurde anfangs in Kooperativen der Handwerker, den Artels, von Hand hergestellt. Im Laufe der Zeit verschwanden diese einzigartigen Textilien mit den großen Textilkombinaten, die in den 60e/70er Jahren in Usbekistan eingerichtet wurden. Während die Motiventwicklung noch von Hand erfolgte, halfen beim Abbinden zum Teil schon Maschinen, das Weben wurde dann ganz von Maschinen übernommen.

Mit der Verwendung neu entwickelter chemischer Farben in den Kombinaten gab es sehr viele Komplikationen, so dass viele der zwischen 1970-1990 entstandenen Stoffe daher nicht farbecht sind.

Heute werden die meisten Ikatstoffe aus Atlas maschinell gewebt. Seit dem Ende der Sowjetunion gibt es eine große, von der Regierung unterstützte Hinwendung zum traditionellen Handwerk, was sich besonders im Ferganatal angesiedelt hat. Dort ist die Zahl der Manufakturen, die Ikatstoffe komplett von Hand herstellen, sehr gewachsen, so, dass heute Firmen wie Gucci oder Dries van Noten Ikats produzieren, wenn sie damit arbeiten. Damit die alten Handwerkstraditionen wieder belebt und etabliert werden, ist dem Staat daran gelegen, Maßnahmen wie Steuerfreiheit für Handwerker oder spezielle Sonderwirtschaftszonen einzurichten.

In 2009 organisierte das Jewish Museum of New York die Ausstellung "Rares Silk of Central Asia from the collection of Guido Goldman". Dank der Ausstellung von Guido Goldman sowie des wachsenden Interesses der amerikanischen Juden an ihren asiatischen Vorfahren, haben viele alte Kulturzentren wie Samarkand, Buchara, Chiwa, Margelan oder Kokand, das magische, atemberaubend historische Usbekistan wieder entdeckt.

 Usbekische Designerin Markhamat Umarova (3. von Links), Gründerin des Modelabels Modelabels MarU

Christian Grosse mit der usbekischen Designerin Markhamat Umarov

Goldstickerei, Design Markhamat Umarov

2. v.R. Konzert Pianistin Eleonora Kotlibulatova

Beitrag: Christian Grosse, Fotos: Christian Grosse/Elyana Engelhard

Kontakt: Christian Grosse

President Open International Dialogue
Президент Открытого международного диалога
Tucholskystr. 33; 10117 Berlin
Telefon: +49 30 2888 3891, Mobil: +49 174-27 26 765
Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Empfohlene LINKS:

Markhamat Umarov | History
Uzbekjourneys.com fashion of uzbekistan - yesterday and today-exhibition

YOUTUBE: World Ikat Textiles Symposium 2019 Fashion Show - Umarova Markhamat, Maru, Uzbekistan

WIKIPEDIA: Seidenstrasse ca. 1. Jahrhundert n. Chr.

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